Der Kaitumälven entspringt in den Bergen Lapplands, nahe der norwegischen Grenze und durchfliesst zunächst drei traumhafte Gebirgseen. Der darauf folgende Flusslauf wird immer wieder durch herausfordernde Wildwasserpassagen unterbrochen. Ein wahrlich wilder und abenteuerlicher Ritt.
Der Startpunkt der Tour am Kaska Kaitumjaure, dem mittleren der drei Gebirgseen, ist nur nach tagelangem Fussmarsch oder per Helikopter erreichbar. Da wir "nur" 15 Tage zur Verfügung hatten, entschieden wir uns für die Luxusvariante mit dem Helikopter. Wegen schlechter Sicht konnten wir nicht wie geplant ausfliegen und mussten in Nikkaluokta eine Zwischennacht einlegen. Am nächsten Tag war das Wetter traumhaft schön und unser Abenteuer in die Wildnis konnte endlich beginnen. Der Flug über die Fjäll-Landschaft mit ihren sanften Bergkuppen, den unzähligen Seen und Flussläufen war grandios und stärkte unsere Vorfreude auf die bevorstehende Tour. In der einsamen Wildnis angekommen, mussten wir zuerst auf unser Gepäck und das Kanu warten, welches in einem zweiten Flug, zum Glück ebenfalls bei uns eintraf. Am ersten Tag paddelten wir eine Zusatzschlaufe im Kaska Kaitumjaure und konnten dabei einige schöne Äschen überlisten. Wir genossen einen ersten Outdoor-Abend am See. Wie es sich am Nationalfeiertag gehört, mit einem echten Schweizer Käse-Fondue.
In weiter Ferne stach uns ein markanter Berg ins Auge. Kurzerhand beschlossen wir am Voulep Kaitumjaure, in unmittelbarer Nähe des Berges, einen Übernachtungsplatz zu suchen und diesen nach Möglichkeit zu besteigen. Unser Plan ging auf und das Wetter spielte perfekt mit. Der zweistündige Aufstieg durch wegloses Terrain war zwar anstrengend, doch die überwältigende Aussicht vom Gipfel war die Mühen wert. Gut versteckt unter Steinen und verpackt in einer Plastikröhre entdeckten wir ein Gipfelheft. Zu unserem Erstaunen wurde dieses 1984 von Schweizern eingerichtet. Wir verewigten uns im Heft als die Akavare-Besteiger Nummer 622 und 623.
Am Voulep Kaitumjaure zogen dunkle Wolken auf und wir entschlossen uns, die Fischerrute einzuziehen und ans Ufer zu paddeln, um unsere Regenbekleidung zu montieren. Aber wie so oft erfolgte genau dann ein Biss. Mit Erfolg konnten wir eine schöne 50 cm grosse Forelle ins Kanu hieven. Wenig später prasselte der Regen derart heftig nieder, dass wir uns wie in einer Waschmaschine fühlten. Am Ende des Sees folgte das Anglercamp Tjuonajokk und anschliessend die ersten Stromschnellen WW I-II, welche wir problemlos befahren konnten. Am nächsten Tag folgte die erste grosse Stromschnelle WW IV mit dem Namen Liettikkuika. Wir begutachteten das Ding und entschlossen uns, nur den ersten Teil bis ins ruhige Flachwasser zu paddeln und den Rest umzutragen. Dies funktionierte anfänglich wie geplant. Spontan entschieden wir uns noch zirka 10 Meter weiter bis an eine andere, scheinbar geeignete Auswasserstelle treiben zu lassen. Dies stellte sich leider als grosser Fehler heraus. Der Zug des Flusses war zu stark um an das Ufer zu kommen und so trieben wir ungebremst den reissenden Wassermassen entgegen. Bis zur dritten Welle ging der wilde Ritt noch ganz gut, doch dann war unser Kanu bis oben mit Wasser gefüllt und ein Teil unserer Ausrüstung trieb vom Kanu weg. Mit viel Glück konnten wir uns ins flache Uferwasser retten. Wenig später konnten wir auch fast unsere komplette Ausrüstung in einer schützenden Bucht einsammeln. Der Rest des Tages erholten wir uns vom Schock und trockneten unsere Sachen.
Der wilde Ritt im Video
Nach unserem prägenden Ereignis vom Vortag gingen wir die folgenden Stromschnellen WW II-VI mit besonders viel Respekt und Vorsicht an. Einige der Stromschnellen umgingen wir grosszügig auf dem mühsamen und anstrengenden, aber sicheren, Landweg (bis 1 km). Als wir bei den Riehkku-Hütten eine kleine Stromschnelle WW I besichtigten, kamen zwei Männer zu uns. Sie zeigten uns die beste Fahrlinie und luden uns nach bewältigter Fahrt auf einen Besuch in ihre Hütte ein. Vainö, ein echter Sami, war mit seinem Kollege Nils für eine Woche hier um zu angeln. Mit voller Stolz zeigte er uns die aufwendig von Hand erbaute Erdhütte, welche nach vielen Überlegungen optimal in die Natur integriert und nach dem Wetter ausgerichtet ist. Am Fluss stand ein spezieller Baumstrunk, in den man, nach einer Tradition mit seiner Angelrute voraus, hindurchsteigen kann. Dies soll einem Fischerglück bescheren. Gesagt, getan und, noch am selben Tag konnten wir eine schöne 47 cm grosse Forelle überlisten. Als Dank für die Einladung und die vielen wertvollen Tipps überreichten wir Väinö und Nils je ein Appenzeller Bieberli. Voller Freude über unser Geschenk, rannte Väinö in die Hütte und brachte uns ebenfalls etwas. Wir sollen einfach probieren, danach sage er was es ist. Es war sehr lecker. Anschliessend verriet er uns, dass es geräuchtes Rentierherz sei und gab uns gleich noch ein halbes Herz mit auf den Weg.
Aufgrund der noch zur Verfügung stehenden Zeit entschlossen wir uns, "nur" bis Killinge zu fahren und auf die grossen Killinge-Fälle zu verzichten. So blieb uns für den Rest der Strecke schön viel Zeit, um die Gegend zu erkunden und zu fischen. Während in den Seen und im oberen Flussteil vornehmend Forelle und Äsche zu überlisten waren, kamen im unteren Teil Barsch und Hecht hinzu. Die Natur brachte viel Abwechslung in unseren Speiseplan. Frische Beeren zum Frühstück und selbstgebackenes Brot kamen hinzu. Ein schön gelegener Zeltplatz auf einer Insel blieb für zwei Nächte unser zu Hause. Beim Eindunkeln konnten wir Elche beobachten, welche zum Trinken an das Flussufer kamen. In der Nacht überdeckte eine Nebelschicht den Fluss und verursachte eine mysteriöse Stimmung. Der untere Flussabschnitt bis Kaitum verläuft meist ruhig und wird nur noch von wenigen, meist kleineren Stromschnellen WW I-III unterbrochen. Bei der Eisenbahnbrücke in Kaitum bietet sich die erste Gelegenheit die Tour zu beenden. Wir paddelten aber noch einige Kilometer weiter bis nach Killinge. Eine Tour mit vielen Eindrücken, wundervoller Landschaft, fischreichen Gewässern, interessanten Begegnungen und vielen aufregenden Wildwasserabschnitten ging hier zu Ende.